Die tschechoslowakische Verfassung von 1960 stellte diskriminierende Verhältnisse her, die die führende Rolle der kommunistischen Partei (4. Artikel der Verfassung) garantierten und allen anderen geistigen Strömungen, die Kirchen eingeschlossen, ein wissenschaftliches Weltbild vorschrieben. Nichtkommunisten wurden zu Menschen zweiter Klasse, und dem Kultusministerium erschien es legitim, Gläubigen in Erziehungs- und Lehrberufen aus weltanschaulichen Gründen zu kündigen. Das Leben in der sozialistischen Tschechoslowakei sollte sich weiter im Rahmen der sozialistischen Ordnung entwickeln. Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) wandte sich dank ihres Synodalkurators Dr. Pavel Šimek sehr durchdacht und souverän gegen die Sowjetisierung der Kirche durch die staatlichen Behörden. Dies geschah durch entschiedenen Druck auf die Behörden, die Kirche als Rechtssubjekt und nicht als untergeordnetes Verwaltungsorgan zu behandeln. Deshalb berufen sich die Memoranden häufig auf die Gesetze von 1949 und deren korrekte Interpretation. Diese strategisch richtige Vorgehensweise wurde neun Jahre lang praktiziert, bis man schließlich in einem Brief des Synodalrats der EKBB vom 11.2.1972 davon abrückte. Dieser Brief bedeutete praktisch die Rückkehr zum administrativ-direktiven Usus der fünfziger Jahre, wie es ja schließlich auch der üblichen Praxis in den sowjetischen Satellitenstaaten entsprach. Zum Schaden der Kirche begann auch die Kirchenleitung selbst (1972) diese fatale Praxis gegenüber den Gemeinde- und Senioratsvorständen anzuwenden. Von da an waren die leitenden Institutionen aller kirchlichen Verwaltungsebenen an der „Normalisierung“ der Kirche beteiligt. Die folgende Auswahl aus den Memoranden des Synodalrats beinhaltet die wichtigsten Fälle, die die Bildung eines Rechtsstaats beförderten. In dieser Hinsicht trugen die Gläubigen zur Stärkung der gesellschaftlichen Gerechtigkeit bei, wie sie es sich im Übrigen auch in den „Grundsätzen der EKBB“ (1966 von der XV. Synode der EKBB verabschiedet, 1968 gedruckt) zum Ziel gesetzt hatten. Die Dokumente aus den staatlichen Archiven wurden von Peter Morée zusammengetragen und von Pavel Hlaváč abgeschrieben. Eine engere Auswahl aus ihnen traf Pavel Keřkovský, der auch obige Einleitung verfasste.