Einige Fälle von verfolgten Laien aus der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder

Pavel Hlaváč, Pavel Keřkovský, Blanka Nová
Die Kommission „Der Weg der Kirche seit 1945“ konnte 43 Geschichten evangelischer Familien und 16 kurze Informationen über verfolgte Mitglieder der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder in den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zusammentragen. Natürlich gab es sehr viel mehr Fälle, aber nicht alle Gemeinden haben auf unsere Anfrage geantwortet. Der nun folgende Text ist ein kurzer Auszug aus zwei Artikeln, die im „Weg der Kirche“, Band VI (2013) und VII (2014) erschienen sind. Zunächst wird kurz die gegen die „Kulaken“ gerichtete sog. Aktion „K“ vorgestellt – die Vernichtung der reichen Großbauern auf dem Lande und der historische und politische Hintergrund dieser Aktion. Dann folgen kurze Porträts mehrerer evangelischer Familien, die davon betroffen waren. Im Anschluss werden die Fälle evangelischer Lehrer geschildert, die wegen ihrer religiösen Überzeugung aus dem Schuldienst entlassen wurden. Wir haben versucht, aus den gesammelten Beispielen die auszuwählen, die als interessante Belege für die Verfolgung von einfachen evangelischen Christen dienen können, von Christen, die sich gegen den Staat nur dadurch versündigt hatten, dass sie ihren eigenen Grund und Boden bewirtschafteten und dies gut taten, oder dadurch, dass sie Gewerbetreibende waren oder einfach „nur“ an Gott glaubten.

Die Kollektivierung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums in der Tschechoslowakei vollzog sich überwiegend in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Nach Februar 1948 begannen für die Bauern schwierige Zeiten. Bereits am 21. März 1948 wurde vom kommunistischen Parlament das Bodenreformgesetz erlassen und auf seiner Grundlage wurde der Boden von Landgütern mit einer Fläche von über 50 Hektar enteignet. Die Wurzeln der Kollektivierung reichen bis in die vierziger Jahre zurück, als im Protektorat das sog. „staatliche System“ zur Regulierung des Ankaufs landwirtschaftlicher Güter eingeführt wurde, das auch nach dem Krieg gültig blieb. Während des Krieges wurden zudem Bodenreformen durchgeführt und ein zentrales Verwaltungssystem für die Landwirtschaft eingeführt. Die totalitären Regime – sowohl das nazistische als auch das kommunistische – mussten ihre politische Macht sichern, wozu auch ein zentrales Verwaltungssystem beitragen sollte.

In der Tschechoslowakei wurde nach dem Umsturz im Februar 1948 das Landwirtschaftsprogramm der kommunistischen Partei umgesetzt. Bereits im März 1948 fand eine Sondersitzung des Parlaments statt, bei der neue Landwirtschaftsgesetze verabschiedet wurden, die das Ende der selbständigen Landwirtschaft, die Bestrafung unbequemer Bauern und Landwirte und die Entstehung einheitlicher Landwirtschaftsgenossenschaften (JZD) und staatlicher Landgüter ermöglichten. Im April folgte die Verabschiedung weiterer Gesetze, mit denen die kommunistischen Machthaber den Boden für die absolute Beherrschung des sog. sozialistischen ländlichen Raumes bereiteten. Im Jahr 1949 wurde das Gesetz über die JZD reformiert, das anfangs unter anderem den Eintritt reicher Grundbesitzer in die JZD und ihre Wahl in verschiedene Funktionen ermöglicht hatte. Das Gesetz sollte demonstrieren, dass es auf demokratischen Prinzipien beruhte und dass die Bildung von Genossenschaften ein demokratischer Prozess war, der an die Genossenschaften aus der Ersten Republik anknüpfte. Natürlich diente es aber der absoluten Beherrschung der Bauern. Ende der vierziger Jahre nahm der Druck auf die Bauern und Landwirte allmählich zu. Nicht allein, dass sie nolens volens den neu gegründeten Genossenschaften beitreten mussten, gleichzeitig wurden ihnen alle Maschinen und Fahrzeuge weggenommen, die in zentrale Maschinen- und Traktorenstationen gebracht wurden.[1] Der kommunistische Machtapparat machte immer stärker von seinen bürokratischen und autoritären Methoden Gebrauch, griff in den Betrieb und die Verwaltung der Genossenschaften ein und versuchte, die Kollektivierung voranzutreiben. Die Situation verschärfte sich. Im Februar 1949 wurde vom Landwirtschaftsministerium folgende Weisung erlassen: „Bei der Gründung von Genossenschaften ist sehr rasch vorzugehen. Wir müssen im Februar alle vorbereiten und im März beginnen.“[2] Im Mai beschäftigte man sich am Landwirtschaftsministerium nicht mehr nur mit Grundstücken, Maschinen und Abgaben, sondern man verhandelte auch über repressive Maßnahmen gegen diejenigen, die mit der Gründung von Genossenschaften nicht einverstanden waren oder eine andere Vorstellung davon hatten als die herrschende Partei. Genosse Kostka schrieb in seinem Bericht über die Gründung der landwirtschaftlichen Genossenschaften im Mai 1949: „… dort, wo Aufrührer aktiv auftreten, sind die Organisatoren zu bestrafen und es muss gegen sie eingeschritten und die Erfüllung der Bürgerpflichten von ihnen eingefordert werden, um so eine breitere Basis zu gewinnen, als die Basis der JZD: Alle Versammlungen der JZD sind durch die staatlichen Sicherheitsorgane zu schützen, auch die persönliche Sicherheit der Referenten. Wir müssen den falschen Eindruck vermeiden, die Kommunisten seien bedroht. Wo sich diese Anzeichen zeigen, müssen sie mit administrativen Maßnahmen unter Beteiligung der Partei ausgeräumt werden. Entsprechende Strafen sind mit Eigentumsmaßnahmen zu verbinden (Enteignung, Entzug der Kleiderkarten u. Ä.). Die Strafen müssen rasch verhängt werden, damit sie abschrecken und als Lehre dienen. Gegen Aufwiegler unter den Parteimitgliedern ist analog vorzugehen.“[3] Die Bildung landwirtschaftlicher Genossenschaften in der Tschechoslowakei wurde im Februar 1953 mit der Verabschiedung der JZDMusterstatuten abgeschlossen, die das Prinzip des gemeinsamen genossenschaftlichen Wirtschaftens „auf ewig“ festschrieben.

Die Kollektivierung der Landwirtschaft in der Tschechoslowakei hatte einen gewaltigen sozialen Wandel im Leben und Lebensstil der Dörfer und ihrer Bewohner zur Folge. Sie krempelte das langjährige dörfliche Modell vollkommen um, führte zum Verschwinden der dörflichen Intelligenz und zu einem Niedergang, von dem sich einige Dörfer in der Tschechischen Republik bis heute nicht erholt haben. Die gegen die Kulaken gerichtete „Aktion K“ zur Vernichtung der reichen Großbauern, die 1951 anlief, war politisch sehr gut vorbereitet. Wie aus den vorangegangenen Zeilen hervorgeht, bemühte sich das kommunistische Politbüro darum, dieser Aktion durch Landwirtschaftsgesetze den Boden zu bereiten. Aber am Erfolg der Aktion war in hohem Maße auch die kommunistische Propaganda beteiligt, die gegen die „reichen Großbauern“ gerichtet war. Feindselige Plakate, Filme und Vorträge sollten in den ärmeren Bauern und Arbeitern Hass gegen die „Ausbeuter“, „Agenten des Westens“ und „Klassenfeinde“ wecken. In der hasserfüllten Propaganda verbanden sich der Kampf sowohl gegen die Bauern als auch gegen die Kirchen. Die Grundbesitzer und Großbauern waren meist gläubig, die Grundbesitzer und die Kirche verfügten über Eigentum, das der damaligen Regierung sehr gelegen kam. Deshalb ist es kein Wunder, dass die „Aktion K“ und die gegen die Kirchen gerichtete Aktion nahezu gleichzeitig anliefen – die „Aktion gegen die Klöster“ wurde am 13. 4. 1950 eingeleitet. In vielen konstruierten politischen Prozessen der fünfziger Jahre trafen Priester, einfache Gläubige und Bauern aufeinander und wurden auch gemeinsam verurteilt. Anfang Juli 1951, als die Kommunisten das Thema Kirchen und ihr Eigentum größtenteils schon bewältigt hatten und so ihre volle Aufmerksamkeit anderen Aktionen widmen konnten, wurden die Grundzüge des Vorgehens gegen die Bauern ausgearbeitet. Schon ab 1950 galt: Wenn ein Bauer beschloss, seinen Boden zu behalten, wurde er aufgrund des Zusammenlegungsgesetzes an den Rand der Gemarkung gedrängt, wo er Ersatzgrundstücke erhielt, natürlich mit schlechterer Bodenbeschaffenheit, steinig und praktisch nicht zu bewirtschaften. Seinen ursprünglichen Boden erhielt dagegen die JZD. Im August 1951 fand eine Beratung der höchsten Parteiführung statt, bei der angeordnet wurde, die Einzelheiten der „Aktion Kulak“ auszuarbeiten. Am 22. 11. 1951 wurde die Aktion dann tatsächlich gestartet. Man siedelte vier Familien aus dem Kreis Moravské Budějovice und eine Familie aus dem Kreis Třebíč gewaltsam in den Kreis Litoměřice um und gliederte ihre Maschinen in die Staatliche Traktorenstation Ploskovice ein. Das amtliche protokollarische Verzeichnis der reichen Bauernfamilien, die im Rahmen der „Aktion Kulak“ in den Jahren 1951–1953[4] zur Umsiedlung vorgesehen waren, umfasst 1888 Familienverbände. Damit begann eine Welle der gewaltsamen Kollektivierung und Umsiedlung. Es wird deutlich, dass von diesem Verbrechen, diesem kommunistischen Winkelzug der allerschlimmsten Art zahlreiche katholische, evangelische, gläubige und ungläubige Familien betroffen waren. Tausende Opfer auf der einen Seite, auf der anderen Seite ein enger Kreis von Parteistrategen und -ideologen, dann aber auch hunderte, vielleicht tausende fanatische oder gleichgültige Parteimitglieder, die hörig und zu allem fähig waren. Den Ersteren gebührt Ehre, den Letzteren Schande.

Kirchengemeinde Velim

Die Familie von Miloslava Součková wurde in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts verfolgt. Die Witwe, die sich um vier Kinder kümmerte und 23 Hektar Boden bewirtschaftete, unterzeichnete den Abgabevertrag nicht und wurde deshalb in eine Scheune umquartiert, bis sie sich ein Häuschen hergerichtet hatte. Ihre Tochter Stanislava war mit dem Vikar Jaroslav Ryšavý verheiratet. Sie war in dieser Zeit Mitglied[5] des Operntheaters České Budějovice und Gesangslehrerin. Miroslavas Tochter Zdenka war in Prag verheiratet, ihr Sohn Jiří half zu Hause auf dem Hof und arbeitete gleichzeitig im Chemiewerk Kolín. Ihr Sohn Jaroslav machte nach dem Schulabschluss in Velim eine Bergbaulehre. Das Regime hatte ihm verwehrt, das Konservatorium zu besuchen, obwohl er sehr begabt war. Seine Mitschüler meldeten ihn deshalb bei einem Musikwettbewerb an, dank dessen er schließlich Gesang studieren konnte. Er wurde Mitglied der Oper des Nationaltheaters Prag. Nach der Wende wurde der heruntergekommene Hof an die Familie zurückgegeben, aber niemand aus der Familie kehrte dorthin zurück und der Hof wurde verkauft.

Die Familie von Václav Kurka

Kurka bewirtschaftete 21 Hektar. Er wurde nicht von seinem Hof vertrieben, arbeitete in der JZD, aber seine Arbeit wurde negativ bewertet und als Sabotage bezeichnet. Deshalb wurde er nach Velim zu seinen Schwiegereltern umgesiedelt. Später wurde er zur Arbeit ins Bergwerk geschickt, mit dem Vermerk „Rückkehr nicht erwünscht“, und tatsächlich kam er dort ums Leben. Er hinterließ eine Witwe und drei Kinder.

Die Familie von Josef Holan

Der Bauer musste seinen Hof nicht verlassen. Er arbeitete als Tierpfleger, aber er ertrug die Situation nicht und nahm sich das Leben.

Die Familie von Josef Kolařík wurde von ihrem Hof zu Verwandten umgesiedelt.

Die älteste Tochter trat eine Stelle als Arbeiterin in der Schokoladenfabrik Velim an. Auf dem Weg zur Arbeit wurde sie von einem Motorradfahrer angefahren und erlag ihren Verletzungen. Sie war 22 Jahre alt. Der Schuldige wurde nicht bestraft. Ihm wurde als Mitglied der kommunistischen Partei KSČ nicht einmal die Fahrerlaubnis entzogen. Am Tag ihres Begräbnisses musste ihr Vater Josef wegen Unterackerns missratener Zwiebeln in Untersuchungshaft. Am Tag nach dem Begräbnis trat er in Prag-Řepy seine Gefängnisstrafe an.

Die Familie von Maruš Čábelová, Kaufleute und Handwerker

Ihre Läden wurden geschlossen, der Vater ging in die Landwirtschaft und die Mutter wurde als Putzkraft in den Toiletten einer Fabrik angestellt, später als Verkäuferin in ihrem ehemaligen Laden.

Kirchengemeinde Kutná Hora

Květa Moravečková geb. Fuchsová, geboren 1924

Am 7. 2. 1952 wurden sie und ihr Vater inhaftiert. Sie wurde erst nach sieben Jahren, am 7. 2. 1959, in Pardubice freigelassen.

Kirchengemeinde Libice nad Cidlinou

Die Familie von Jan Peřina aus Odřepsy

Der Bauer Peřina saß ab 1952 zwei Jahre in Prag-Pankrác und Plzeň Bory in Haft. Der Zutritt zum damaligen Kreis Poděbrady war ihm lebenslang untersagt. Er durfte nicht einmal zur Beerdigung seines Vaters. Seine Frau und sein Sohn wurden am 23.12.1952 aus Cidlina in die Gegend bei Rýmařov in ein halbverfallenes Haus ausgesiedelt. Sein Sohn Jan durfte nicht die Fachoberschule besuchen.

Nach einer Lehre durfte er dann aber doch noch die Fachoberschule absolvieren. Später studierte er an der Hochschule in Olomouc und wurde Professor für Physik. Im Jahr 2002 wurde er von Präsident Václav Havel mit der Verdienstmedaille ersten Grades ausgezeichnet.

Kirchengemeinde Opava

Josef Vítězslav Kopáček

Während des Zweiten Weltkriegs war er in der sowjetischen Partisaneneinheit „Jermak“ am Widerstand beteiligt. Im Juni 1945 wurde er nach Jakartovice und Svobodné Heřmanice bei Opava entsandt, wo er zum Volksverwalter der dortigen Spiritusfabrik ernannt wurde. Im Jahr 1952 wurde er gezwungen, den JZD-Vorsitz zu übernehmen. 1955 wurde er in Opava in Untersuchungshaft genommen. In einem konstruierten Prozess verurteilte man ihn am 17.1.1956 zu vier Jahren ohne Bewährung, zum Verlust seines Eigentums und seiner Bürgerrechte. Offenbar wurde er der persönlichen Bereicherung an Naturalien beschuldigt. Im Jahr 1990 wurde er in vollem Umfang rehabilitiert.

Kirchengemeinde Pelhřimov

Josef Baštecký, Bauer in Bobnice bei Nymburk

Während des Zweiten Weltkriegs war er Bürgermeister des Ortes. Nach dem Krieg wurde er erneut zum Bürgermeister und gleichzeitig zum Kreisvorsitzenden des Bauernreitvereins gewählt. Nach 1948 wurde er als Kulak verurteilt und mit seiner vierköpfigen Familie zu seinen Schwiegereltern nach Velký Osek ausgesiedelt. Danach wurde er inhaftiert. Nach seiner Freilassung bekam er Arbeit in einer Baufirma, wo er sogar als Erfinder in Erscheinung trat. Das Patent auf seine Erfindung wurde ihm jedoch nicht zuerkannt. Später wurde er angezeigt, weil er Material aus seiner Firma für den Bau seines Wohnhauses verwendet haben sollte (angeblich war es ihm von seinem Betrieb erlaubt worden) und er wurde zu einem Jahr verurteilt. Später wurde er Vorsitzender der Filialgemeinde Velký Osek und stellvertretender Kurator der Gemeinde Libice.

Kirchengemeinde Olešnice na Moravě

Ladislav Toul aus Ústup

Er wurde zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt, 18 Monate verbrachte er in der Haftanstalt Prag-Pankrác, fünf Jahre arbeitete er im Gefängnis Leopoldov als Geflügelrupfer und erkrankte an schwerem Asthma.

Kirchengemeinde Klobouky u Brna

Jindřich Koubek

Im Ort Klobouky u Brna hatte man noch keine landwirtschaftliche Genossenschaft (JZD) gegründet, weshalb die Kommunisten die Bürger überredeten, dies nachzuholen. Damit schnell eine JZD gegründet werden konnte, war es also notwendig, im Dorf rasch irgendjemanden zum Kulaken zu erklären. Im Laufe des Jahres 1952 wurde Jindřich Koubek als solcher bezeichnet, danach verfolgt, verhört und am 8.8.1955 in Haft genommen. Im darauf folgenden Prozess wurde er wegen Sabotage und Nichteinhaltung der staatlichen Abgaben zu sechs Jahren verurteilt, ihm wurden alle Bürgerrechte aberkannt und sein Eigentum und das seiner Familie fielen an den Staat. Koubek kam ins Gefängnis Plzeň-Bory, später wurde er nach Valdice bei Hradec Králové verlegt. Nach seiner Entlassung wurde er mit Verbannung belegt und durfte nicht nach Klobouky zurückkehren. Deshalb suchte er sich eine Arbeit in der Betonplattenfabrik Brno und durfte dank dessen Kontakt zu seinem Sohn haben. In Klobouky gelang es auch nach seiner Festnahme nicht, eine JZD zu gründen, weshalb man Koubeks Bruder Josef überredete, eine JZD zu gründen und deren Vorsitzender zu werden. Sie versprachen, Jindřich im Gegenzug freizulassen. Er willigte also ein, aber sein Bruder wurde nicht entlassen, und zwei Jahre nach der JZD-Gründung wurde Josef aus der Genossenschaft ausgeschlossen.

Kirchengemeinde Bučina

Die Familie von Jaroslav Kašpar

Jaroslav Kašpar heiratete 1948 in zweiter Ehe auf einen Hof in der Gemeinde Bučina mit 18 Hektar Land ein. Seinen ursprünglichen Hof in Javorník überließ er seiner Tochter Alena und ihrem Mann Jaroslav Švec. Im Oktober 1952 wurden Jaroslav Kašpar, der Mitglied der JZD III. Typs in Bučina war, und sein Schwiegersohn, der selbständige Landwirt J. Švec, vom Kreisgericht Vysoké Mýto für schuldig befunden, die Vorschriften für die Hausschlachtung von Schweinen zu umgehen und nicht einzuhalten. Jaroslav Švec wurde des Weiteren vorgeworfen, vorsätzlich den Wirtschaftsplan im Nahrungssektor zu untergraben, da er nicht die gebührende Menge Milch abgeführt habe. Beide wurden zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten ohne Bewährung und zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 000 und 5000 Kronen verurteilt. Nach seiner Rückkehr arbeitete J. Kašpar in der Genossenschaft und J. Švec war bis 1956 als freier Landwirt tätig. Danach musste er unter Druck der JZD Javorník beitreten. Kašpars Kinder Alena und Vlasta und deren Kinder hatten Probleme, Lehrstellen und Studienplätze zu bekommen: „… Probleme mit einem sog. unausgeglichenen Weltbild, also mit dem Glauben und dem Bekenntnis.“

Bohumil Fikejz

Er wurde am 14. 3. 1896 in Bučina geboren und besaß dort einen Hof. Im Jahr 1949 verurteilte die Kreisverwaltung in Vysoké Mýto Fikejz zu sechs Wochen Gefängnis und einer Geldstrafe von 100 000 Kronen. Er wurde beschuldigt: „… auf der bewirtschafteten Fläche nicht die geplanten landwirtschaftlichen Produkte angebaut zu haben … Die Nichterfüllung seiner Pflicht hätte schwerwiegende Versorgungsprobleme hervorrufen können.“ Bohumil Fikejz bezahlte die Geldstrafe, aber 1950 folgte eine weitere Strafverfolgung und eine Geldstrafe in Höhe von 5000 Kronen. Im Jahr 1952 wurde er zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe von 15 000 Kronen verurteilt (man hatte unerfüllbare Schweinefleischabgaben angeordnet), sein gesamtes Vermögen fiel an den Staat und ihm und seiner gesamten Familie wurde der Aufenthalt in Bučina und im ganzen Kreis verboten.

Stanislav Rejthar und seine Familie

Stanislav Rejthar wurde am 28.10.1911 geboren und war Militärpilot der Royal Air Force. Im Jahr 1937 wurde er Leutnant der Luftstreitkräfte. Nach dem Einmarsch der Deutschen 1939 ging er in den Widerstand und gelangte über Polen nach Frankreich. Nachdem Frankreich am 17.6.1940 kapituliert hatte, fuhr er mit dem Schiff nach England, wo er in die RAF aufgenommen wurde. Ende 1943 bat die Sowjetunion die tschechoslowakische Regierung in London um 20 Piloten. Stanislav Rejthar fuhr in die UdSSR und beteiligte sich am slowakischen Nationalaufstand. Nach dessen Ende schickte die sowjetische Armee jedoch nicht genügend Flugzeuge, um die Landstreitkräfte zurückzutransportieren. Rejthar blieb deshalb als Stabschef freiwillig in der Slowakei und beteiligte sich am Marsch der Partisanen durch die Slowakei. Bis 1948 diente er im Generalstab und bei der Luftwaffendivision in Brno, 1951 wurde er in die Produktion versetzt. Er arbeitete als Kranführer in Neratovice, später war er als Projektant in einem Prager Baubetrieb angestellt. Er wurde immer wieder verhört und starb 1977 an den Folgen eines Infarkts.

Seine Frau Vlastenka Rejtharová (sie heirateten 1942 in Oxford), die Tochter eines Legionärs und Mitglieds der Exilregierung, musste 1951 als Straßenbahnschaffnerin arbeiten, obwohl sie ein Diplom der Universität Oxford besaß. Das Ehepaar Rejthar hatte einen Sohn namens Slávek und eine Tochter namens Olga. In den fünfziger Jahren musste die Familie ihre Wohnung in Prag-Vinohrady verlassen und in ein Armenhaus ziehen, wo sie mit Vlastenkas Eltern zusammenlebte.

Kirchengemeinde Nové Město na Moravě

Familie Dudek aus Dlouhá

Vater Dudek wurde in Nové Město festgenommen, nachdem er aus der Kirche gekommen war. Dem Urteil gemäß verlor er sein Eigentum und wurde ausgesiedelt, die Rückkehr in den Ort wurde ihm untersagt. Die Familie wurde nach Rousměrov ausgesiedelt und ihr Anwesen nach und nach abgerissen.

Raimond Musil aus Rodkov und seine Familie

Raimond Musil (1898–1952) wurde im Frühjahr 1950 verhaftet. Er ging als gesunder, starker 52-jähriger Mann hinter Gitter – und im Januar 1952 musste ihn die Familie beerdigen. Die offizielle Nachricht lautete, er sei an Herzversagen gestorben, er wurde aber erschlagen.

Familie Chroust aus Rokytno

Der Vater Emil Chroust war in den Jahren 1931–1948 Bürgermeister des evangelischen Ortes Rokytno. Im Jahr 1950 wurden alle landwirtschaftlichen Maschinen der Familie enteignet. Außerdem wurde ihnen eine Strafe in Höhe von 9570 Kronen für Nichteinhaltung der Milchabgaben auferlegt. Zwei Jahre später, im Jahr 1952, wurde wegen Nichteinhaltung der Abgaben im Jahr 1951 die Kommunalsteuer für die Familie auf 14 134 Kronen angehoben. „Meinem Vater, der körperlich und seelisch erschöpft war, blieb nichts anderes übrig, als seinen Hof 1953 der Kreisverwaltung zur Nutzung anzubieten. Aber so wollten das die Genossen nicht. Ihm wurde mitgeteilt, er habe ordnungsgemäß zu arbeiten und die Abgaben einzuhalten, ansonsten werde er bestraft.“ Im Jahr 1956 „schenkten“ sie den Hof dem Staat, auch das Wohnhaus, für das sie dann Miete zahlten. Nach und nach wurden immer mehr Dinge aus dem Haus und vom Hof weggetragen, denn sie gehörten ja inzwischen dem Staat. Im Haus blieb nichts übrig. Die Kinder sammelten ein, was im Garten wuchs. Der Tochter wurde verboten, die Fachoberschule zu besuchen und das Abitur abzulegen, sie durfte lediglich an der Landwirtschaftsschule eine Lehre machen. Obwohl sie nach einem Jahr eine Empfehlung für die Fachoberschule erhielt, wurde sie von den Gemeindevertretern nicht zugelassen.

Jaroslav Zelený aus Rokytno und seine Familie

Jaroslav Zelený bewirtschaftete 24 Hektar. Im Jahr 1955 wurde er festgenommen, weil er einen prowestlich orientierten Agenten nicht angezeigt hatte (der Agent bewegte sich frei in den Dörfern, sprach tschechisch und besuchte auch noch andere Personen). Deshalb wurden alle, die mit ihm Kontakt hatten, zu einer staatsfeindlichen Gruppierung erklärt. Jaroslav Zelený wurde in Jihlava wegen Heimatverrats zu zehn Jahren verurteilt und sein gesamtes Eigentum wurde konfisziert. Die Strafe verbüßte er in Leopoldov (er arbeitete als Geflügelrupfer) und in Příbram, wo er beim Bau einer Plattenbausiedlung mitarbeitete. Seiner Frau Božena wurde mit Konfiskation gedroht, ihre fruchtbaren Flurstücke wurden gegen unfruchtbare eingetauscht und nach der Gründung eines Volkseigenen Guts wurde ihr empfohlen, diesem beizutreten, was sie dann völlig erschöpft auch tat. Seine Tochter Božena durfte nicht die Fachoberschule besuchen und das Abitur ablegen, weshalb sie eine Lehre in einer Gießerei machte. Nach der Verhaftung ihres Vaters musste sie zu Hause in der Landwirtschaft und auf dem Volkseigenen Gut arbeiten. Sein Sohn Jaroslav trat beim Volkseigenen Gut eine Stelle als Kutscher an und musste als Minderjähriger alle schweren Arbeiten ohne Maschinen verrichten. Der Vater arbeitete nach seiner Rückkehr 1960, als er amnestiert wurde, in der Baubrigade des Volkseigenen Gutes als Handlanger. Gegen Ende seines Lebens arbeitete er als Kutscher.

Familie Slonek, Nové Město na Moravě

Zur Familie gehörten die Männer Adolf Slonek (†17. 12. 1952, Legionär), seine Brüder Antonín und Bohuslav (†1952) sowie sein Sohn Vlastimil. Ihre Firma, die vor allem Ski herstellte, wurde zusammen mit dem gesamten Familieneigentum enteignet. Adolf Sloneks Witwe Marie musste, obwohl schwer krank, in der JZD arbeiten. Ihre Wohnung wurde ausgeplündert und die Kreisverwaltung Žďár nad Sázavou schloss sie von der Versorgung auf dem gebundenen Markt aus, was bedeutete, dass sie keinen Zugang zu Lebensmittelmarken hatte.

Familie Trojan

Die Familie besaß ein Geschäft für Kurzwaren, Mode und Accessoires in Nové Město na Moravě. Im Jahr 1948 wurde der Laden enteignet. Nach einer Rekonstruktion war das Geschäft verschuldet und der Vater musste die Schulden bis an sein Lebensende abzahlen. Vater Trojan musste sich nach der Konfiskation des Geschäftes als Arbeiter verdingen. Er war viele Jahre Kurator der Kirchengemeinde. Seine Tochter erhielt keine Studienzulassung.

Familie Bratránek aus Olší

Die Familie konnte die hohen Eierabgaben nicht einhalten. Deshalb verfasste sie ein Entschuldigungsschreiben. Als Reaktion folgte die Aussiedlung der Familie und die Konfiskation ihres Eigentums wegen Sabotage und Geringschätzung der staatlichen Behörden.

Familie Žilka aus Křídla

Die Mutter wurde gezwungen, das gesamte Anwesen mit belebtem und unbelebtem Inventar der Gemeindeverwaltung zu übergeben. Im Kuhstall zog sie sich eine schwere Verletzung der Wirbelsäule zu und musste deswegen zwei Monate früher in Rente gehen. Als Ehefrau des Klassenfeindes wurde ihr das nicht nachgesehen und so erhielt sie keine Rente.

Verzeichnis von zehn evangelischen Lehrerinnen und Lehrern, die den Schuldienst wegen ihrer religiösen Überzeugung verlassen mussten

Das Verzeichnis war eine der Anlagen zum Memorandum des Synodalrats, das am 11. März 1966 an den Minister für Schulwesen und Kultur Dr. Jiří Hájek geschickt wurde.

Jaroslav Doubek aus Liběchov

Der Fachlehrer Jaroslav Doubek wurde am 21. 12. 1905 in Janova Ves geboren. Nach dem Abschluss seines Studiums am Lehrerseminar in Žatec begann er im Kreis Pelhřimov zu unterrichten. Nach dem Krieg kehrte er in seine Heimatregion zurück und half in Liběchov als Lehrer an der Bürgerschule (Tschechisch, Geschichte, Erdkunde) und später als stellvertretender Direktor bei der Erneuerung des tschechischen Schulwesens nach der nazistischen Besatzungszeit. Gleichzeitig arbeitete er zielstrebig am Aufbau eines Gemeindelebens für die evangelischen Christen, die aus dem tschechischen Landesinneren oder der Slowakei zugezogen waren. Er bekam die Namen und Adressen der zugezogenen Glaubensbrüder (anhand der Anmeldungen bei der Gemeindeverwaltung), besuchte sie und lud sie ein. Es bildeten sich Zentren in Dubá, Hoštka, Štětí und Dolní Beřkovice. Bereits am 6. Oktober 1946 fand eine erste Zusammenkunft in der Bürgerschule Liběchov statt. Es wurde eine Filialgemeinde gegründet, der es gelang, das Gebäude der ehemaligen tschechischen Schule zu erwerben, das später Hus-Haus genannt wurde. Eine eigenständige Gemeinde wurde am 1. August 1950 gegründet. Jaroslav Doubek hielt zahlreiche Gottesdienste, verbreitete evangelische Presseerzeugnisse und gab Religionsunterricht. Diese Aktivitäten und seine Initiative beim Kauf des Gemeindehauses und der Gründung der Gemeinde wurden von den damaligen Behörden registriert. Im Schuljahr 1958–1959 konstatierte die Kreisschulinspektion, dass J. Doubek seine religiösen Aktivitäten nicht aufgeben wolle. Deshalb wurde das Arbeitsverhältnis mit ihm aufgelöst. Er arbeitete danach als Hilfsarbeiter, Lagerarbeiter und schließlich als Leiter des Lagers im volkseigenen Betrieb Medika Liběchov.

Milada Hánová aus Veselí, Frau eines Pfarrers der EKBB

Am Ende des Schuljahres 1958–1959 wurde sie ins Direktorat der 4. achtjährigen Fachoberschule in Gottwaldov gebeten, wo sie damals arbeitete, und dort wurde mit ihr in Gegenwart des Schuldirektors, seiner beiden Vertreter, des Gewerkschaftsvorsitzenden und der Parteivorsitzenden ein Gespräch geführt, in dem ihr gesagt wurde, dass sich alle Lehrer entscheiden müssen: Entweder sie treten aus der Kirche aus oder sie verlassen den Schuldienst. Weil sie sich dafür entschied, in der Kirche zu bleiben, wurde sie aufgefordert, den Schuldienst zu verlassen, wobei ihr nicht einmal eine Ersatzanstellung angeboten wurde. Sie war 17 Jahre als Lehrerin tätig gewesen. Im Jahr 1964 beantragte sie beim Schulreferat der Stadtverwaltung Gottwaldov, das Arbeitsverhältnis wieder aufzunehmen. 1966 hatte sie noch keine Antwort erhalten. Später arbeitete sie bis zur Rente als Horterzieherin der 2. neunjährigen Grundschule in Bystřice nad Pernštejnem. Wegen ihrer Einstellung den Schülern gegenüber und für ihre vorbildliche Arbeit erhielt sie, als sie 1976 in Rente ging, eine Sonderprämie in Höhe von 1600 CSK. Danach machte jemand die Genossen der Kreisverwaltung Žďár nad Sázavou darauf aufmerksam, dass diese Lehrerin bzw. Erzieherin „langfristig und ernstlich gegen die Arbeitsvorschriften verstoßen hat“, denn sie sei nicht aus der Kirche ausgetreten und ihr Sohn Michael habe sogar Theologie studiert. So erhielt die „Genossin“ Milada Hánová (wobei das Wort „Genossin“ im Tschechischen falsch geschrieben wurde, Anm. der Red. und d. Übers.) am 8. Juli 1976 unter dem Aktenzeichen 454/76 – D l – Pi vom Schulreferat der Kreisverwaltung Žďár nad Sázavou einen Brief mit der Bitte um „Rückerstattung der beim ersten Renteneintritt zuerkannten Sonderprämie“, die „ungerechtfertigt ausgezahlt“ worden war, eigenhändig unterzeichnet vom Referatsleiter (Genossen) Jaroslav Picka.

Marie Horáková aus Hustopeče, Frau eines Pfarrers der EKBB

Sie wurde am 1. Februar 1960 als Lehrerin entlassen. Als sie Widerspruch einlegte, wurde dieser abgewiesen. In der Ablehnung wurde Folgendes angeführt: „… fragen Sie sich selbst: Könnte ein Atheist evangelischer Pfarrer sein? Sicherlich nicht. Dementsprechend kann auch ein Theist keinen Atheisten erziehen. Die Verfassung garantiert Ihnen religiöse Freiheit. An einem anderen Arbeitsplatz als der Schule werden Sie nicht in unauflösliche Widersprüche geraten.“ Sie war zwanzig Jahre im Schuldienst. Gern hätte sie eine Stelle an einer Grundschule oder in einem Kindergarten angenommen, auch im Nachbarkreis, aber mindestens bis 1966 bemühte sie sich vergeblich darum.

Jarmila Jančaříková aus Vsetín

Sie unterrichtete bis 1957 die Klassenstufen 6–8 und wurde aus religiösen Gründen aus dem Schuldienst entlassen. Sie wäre gern zurückgekehrt, unter der Voraussetzung, ihr kirchliches Leben nicht aufgeben zu müssen.

Jana Jašková, Frau eines Pfarrers der EKBB, später wohnhaft in Horní Dubenky Am 4. Juni 1964 wurde sie vom Volksschulinspektor in Karviná angenommen und als Lehrerin in Hradiště bei Český Těšín als Vertreterin des erkrankten Direktors eingesetzt. Gleich am 5. Juni, also am darauffolgenden Tag, wurde sie vom selben Inspektor abberufen. Grund für die Abberufung war, dass sie verheimlicht hatte, mit einem Pfarrer verheiratet zu sein. Als gläubige Frau eines Pfarrers könne sie nicht eingestellt werden, denn es würden nur überzeugte Atheisten gebraucht.

Soňa Lejdarová aus Ostrava-Vítkovice

Sie wurde per Schreiben der Stadtverwaltung Ostrava, Az.: škol. 454/4–1961, aus dem Schuldienst entlassen. In dem Schreiben stand: „Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist der Umstand, dass Sie keine Gewähr für die Erziehung unserer

Kinder im Geiste einer wissenschaftlichen Weltanschauung bieten …“

Jarmila Nováková aus Kateřinice, Frau eines Pfarrers der EKBB

Sie unterrichtete die 1. Klassenstufe der neunjährigen Grundschule. Nach elf Jahren wurde das Arbeitsverhältnis mit ihr durch das Schulreferat der Kreisverwaltung Vsetín aus religiösen Gründen zum 31. Juli 1963 aufgelöst, obwohl sie fachlich sehr gute Ergebnisse vorzuweisen hatte. Bereits ein Jahr zuvor war ihr nach zehn Dienstjahren eine Gehaltserhöhung verweigert worden, obwohl alle Bedingungen dafür erfüllt waren – bis auf die Tatsache, dass sie Kirchenmitglied geblieben war.

Vladimír Novotný aus Vsetín

Er wurde 1958 per Dekret des Referats für Schulwesen und Kultur der Kreisverwaltung Vsetín aus dem Schuldienst entlassen. Im Dekret wurden folgende Gründe angegeben: „Unsere sozialistische Schule erfordert Lehrer mit klarer wissenschaftlicher Weltanschauung. Dies ist bei Ihnen nicht der Fall, denn Ihre ideologischen Ansichten stehen im absoluten Widerspruch zur sozialistischen Schulerziehung. Darüber hinaus gibt es bei Ihnen keine Gewähr für einen wissenschaftlichen Unterricht, denn Sie sind selbst konsequenter Verfechter einer idealistischen Einstellung …“ Dies unterzeichnete der Referatsleiter, Genosse Josef Krystyník.

Jaromír Procházka aus Bystřice nad Pernštejnem

Unterrichten war für ihn der Sinn seines Lebens. Obwohl er Mitglied der kommunistischen Partei KSČ war, wurde er am 1. Juni 1959 mit einer einzigen Begründung aus dem Schuldienst entlassen: „… bei der Erziehung der Schüler im Geiste einer materialistischen Weltanschauung kommt es in Ihrer Praxis zu einer Beeinträchtigung der Geschlossenheit des erzieherischen Wirkens.“ Welcher Genosse die Kündigung unterzeichnete, ist nicht bekannt.

Jarmila Zátorská, Frau eines Pfarrers der EKBB, Střítež nad Bečvou

Im Jahr 1958 bat sie das Schulreferat der Kreisverwaltung Vsetín um die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses, da die Familie nach Ostrava umzog. Einige Jahre später bat sie das Schulreferat Ostrava um Aufnahme in den Schuldienst. Inspektorin Valová lehnte sie ab – als Gläubige könne man sie nicht aufnehmen. Ihr wurde eine andere Beschäftigung empfohlen. Sie versuchte mehrmals, in die Schule zurückzukehren, wurde aber immer abgelehnt.

Das Leben von Alois Pernický

Er wurde am 8.6.1921 in Nový Jičín als Sohn des Bahnangestellten František Pernický aus Veselá, Kreis Vsetín, und dessen Frau Kristina Pernická, geb. Jurošková, geboren. Die Grundschule besuchte er in Suchdol nad Odrou, die Bürgerschule in Fulnek. Er war im Turnerbund und in der tschechoslowakischen Pfadfinderbewegung aktiv. Alois Pernický lernte Dreher in der Fabrik für Holzbearbeitungsmaschinen F. Manasek in Suchdol nad Odrou und war sehr geschickt. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht ins Sudetenland zog die Familie in die Mährische Walachei. Er wurde wegen reichsfeindlicher Umtriebe verurteilt und von März bis Mai 1944 in Ostrava inhaftiert. Durch den Krieg hatte er keine Möglichkeit zu studieren. Nach dem Krieg kehrte er mit seiner Familie nach Suchdol nad Odrou zurück, wo er sich mit seiner natürlichen Begabung und seinem Organisationstalent hervortat. Alois Pernický war einer der Begründer der EKBB-Gemeinde und kümmerte sich in dieser Zeit um fast einhundert, hauptsächlich von Walachen besiedelte Orte. Er arbeitete in der Gemeinde als Laienprediger, Religionslehrer und Kassenwart, er dirigierte den Chor und leitete anfangs auch die Junge Gemeinde. Im Jahr 1947 heiratete er Jindřiška Maňáková (*30.4.1927 in Zubří, †15.5.2002 in Nový Jičín). Er wurde Vater zweier Töchter, Jana (*1948) und Marie (*1951). Mit der Machtübernahme durch die kommunistische Partei KSČ konnte er sich nicht abfinden und am 31. 12. 1954 wurde er von der Staatssicherheit wegen staatsfeindlicher Aktivitäten festgenommen, als Teil der imaginären Gruppe Blaník zu einer Gefängnisstrafe von siebzehn Jahren verurteilt und bis 1963 neun Jahre in Mírov und Opava inhaftiert. Wie bei den meisten zu Unrecht verfolgten politischen Häftlingen bauschte die örtliche politische Elite seinen Widerstand in absurdem Maße auf, indem sie Legenden in Umlauf brachte, die unter den Bürgern bis heute überdauern. Der wahre Kern der Anschuldigungen bestand darin, dass er an der Herausgabe eines Periodikums beteiligt war, in dem die Verurteilung Dr. Milada Horákovás, die gewaltsame Kollektivierung u. Ä. kritisiert wurden. Nach seiner Rückkehr aus dem Gefängnis arbeitete er im Betrieb ROMO und später als Lokführer bei der Tschechoslowakischen Staatsbahn. Er beteiligte sich aktiv an den Aktionen der Konföderation politischer Häftlinge und war immer am kulturellen Geschehen im Ort interessiert, obwohl er im Alter sehr krank war. Alois Pernický starb am 24. 9. 1997 im Alter von 76 Jahren.

Das Leben von Miloš Martínek

Miloš Martínek wurde am 22. 11. 1933 geboren. Im Jahr 1938 zog seine Familie nach Horní Čermná im Kreis Lanškroun. Nach dem Abschluss der Bürgerschule begann der junge Miloš eine Lehre in einer Autowerkstatt in Lanškroun. Nach drei Jahren schloss er die Lehre ab und besuchte die Fachoberschule für Automobiltechnik in Mladá Boleslav. Er schloss sich der evangelischen Jungen Gemeinde in Mladá Boleslav an. Nach dem Schulabschluss verliebte er sich in seine künftige Frau Zdenka. Einen Monat, nachdem sie sich kennengelernt hatten, trat Bruder Martínek seinen zweijährigen Wehrdienst an. Danach hatte er ab 1955 eine Stelle bei Tesla in Lanškroun, wo er neben der Arbeit im Fernstudium drei Jahre lang Maschinenbau studierte. Zusammen mit seiner Verlobten Zdenka kaufte er ein Haus und begann, es zu renovieren. Mit Miloš Martíneks eigenen Worten: „Es war also alles in Ordnung, bis zu dem Moment, in dem ich mir die Frage stellte: Sollte ich weiter wie Mose am Hof des Pharaos dienen oder sollte ich diese Privilegien ablehnen, weil sie ,teuflisch‘ waren? In solchen Fragen fühlte ich etwas, das sich nicht in Worte fassen lässt.“ Es dauerte mehrere Monate, bis sich M. Martínek dazu durchrang, öffentlich aufzutreten und die Standpunkte kundzutun, die, wie er glaubte, in der Öffentlichkeit geäußert werden mussten. Diese Gelegenheit ergab sich am 23. 10. 1957, als bei Tesla Lanškroun eine öffentliche Gewerkschaftssitzung stattfand. Der wichtigste Tagesordnungspunkt dieser Sitzung war die Ernennung dreier Schöffen, die dann am Kreisgericht in Ústí nad Orlicí tätig werden sollten. An der Veranstaltung sollte der damalige Justizminister Škoda teilnehmen. Dieser kam jedoch nicht und wurde von JUDr. Melichar vertreten. Die Sitzung verlief bis zum Auftreten von Miloš Martínek nach einer klaren Tagesordnung. Die Genossen erklärten, die Teilnehmer könnten Anmerkungen zu den Gesetzen vorbringen, denn bei der Sitzung sei eine überaus kompetente Person, der bereits erwähnte JUDr. Melichar, anwesend. Martínek meldete sich also zu Wort: „Ich war nicht politisch aktiv, aber ich habe auch nichts gegen das totalitäre Regime unternommen, obwohl ich wusste, dass es ein schlechtes Regime ist … Ich konnte aber meine untätige kollaborierende Haltung nicht überwinden. Allmählich erkannte ich, dass dieses Verhalten schlecht, dass es gottesfeindlich ist, dass ich das Regime mit meiner Haltung nicht in seiner Expansivität hemme, dass ich das verleugne, woran ich in meiner Kindheit geglaubt habe, den Glauben an Gott.“ Er trat vor und hielt vor dem Mikrofon, das die Sitzung zu weiteren 300 Arbeitern übertrug, wovon er nichts wusste, eine Rede, die er zu Hause vorbereitet hatte und die aus seinem tiefsten Inneren kam. Martínek bekannte sich öffentlich zum Glauben, verurteilte Krieg und Gewalt und rief dazu auf, Liebe statt Hass zu üben. Nachdem er seine öffentliche Wortmeldung verlesen hatte, zerriss er seinen Wehrpass und legte ihn vor JUDr. Melichar auf den Tisch. Es entstand ein Aufruhr und Martínek wurde danach sofort festgenommen. Beim Verhör wurden ihm drei Kopien seiner Rede und die Briefe abgenommen, die er für Václav Plachta, Mitglied der EKBB und Martíneks Mathematiklehrer an der Abendschule, für Jiří Carda, den Pfarrer von Horní Čermná, und für Jaroslav Soběslavský, den Pfarrer von Lanškroun, vorbereitet hatte. In diesen Briefen erklärte Martínek seinen Standpunkt und sein Handeln. Im Haus von Martíneks Eltern wurden daraufhin Hausdurchsuchungen durchgeführt, bei denen die Staatssicherheit nicht viel fand. Miloš Martínek wurde in Untersuchungshaft genommen und mehreren Verhören unterzogen. Bis zum Prozess war er im Gefängnis in Pardubice inhaftiert. Zunächst wurde er vom Bezirksermittler in Pardubice der Aufwiegelei gegen die Republik beschuldigt, aber im Laufe der Ermittlungen wurde er außerdem noch der Umgehung von Dienstpflichten bezichtigt. Miloš Martínek legte Widerspruch ein, seine Beschwerde und sein Widerspruch wurden jedoch abgelehnt. Martínek wurde immer wieder verhört. Seiner Aussage nach verliefen die Verhöre so, dass in sehr schneller Folge Fragen gestellt wurden, um ihn maximal zu verwirren. Bei den Verhören versuchten ihn die Stasimitarbeiter zu dem Geständnis zu drängen, dass er zu einer ausländischen staatsfeindlichen Gruppe in Verbindung stand. Als die Fragen zu nichts führten, versuchten sie ihm immer wieder zu beweisen, dass der christliche Glaube etwas Unnormales sei, und sie versuchten, ihn für verrückt und psychisch krank zu erklären. Die Verhöre wurden bis Ende November weitergeführt. Am 21.11.1957 wurden sie abgeschlossen und Miloš Martínek wurde der Aufwiegelei gegen die Republik und des Versuchs der Anstiftung zur Umgehung von Dienstpflichten angeklagt. Die Hauptverhandlung fand am 19. Dezember 1957 in Lanškroun im Beisein der Öffentlichkeit statt. Bei der Verhandlung war Pfarrer Soběslavský aus Lanškroun anwesend, der im Rahmen von Martíneks Fall ebenfalls verhört worden war. Außer ihm waren nur zwei Familienmitglieder zugelassen. Neben Miloš Martínek wurden bei der Verhandlung noch drei Zeugen, Angestellte der Firma Tesla Lanškroun, gehört. Ihre Aussagen halfen dem Angeklagten natürlich in keiner Weise. Miloš Martínek wurde zunächst vom Kreisgericht zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zum Verlust seiner Bürgerrechte für zwei Jahre verurteilt, aber dieses Urteil wurde in einem Berufungsverfahren vom Obersten Gericht revidiert und die Strafe wurde noch um ein weiteres Jahr erhöht. Zunächst wurde Martínek in PragPankrác inhaftiert, später wurde er in ein Uranbergwerk verlegt.

Während Miloš Martínek festgenommen und verhört wurde, verurteilten seine Kollegen seine Rede und veröffentlichten eine Deklaration, in der sie sich von der Rede distanzierten, und aus Protest gegen sie riefen sie am 28. Oktober zu einer Sonderschicht unter der Losung „Unsere Antwort an Martínek“ auf: „Wir nehmen alle an der Schicht am 28.X. ! teil und erfüllen so trotz der Grippeepidemie den Plan für Oktober.“ Auch in der Zeitung Lanškrounské listy, in der die örtliche Propaganda Martínek als psychisch krank darstellte, wurde seine Tat verurteilt: „Martínek sagte auf einer öffentlichen Sitzung: ‚Lasst die Leute nach ihrem eigenen Gusto leben, wirkt weder ökonomisch noch politisch auf sie ein!‘ Das kann in der Praxis nur bedeuten, dass wenn jemand eine Fabrik besitzt, er sie auch weiterhin besitzen soll, denn das ist nun mal sein Geschmack und es ist nicht richtig, ökonomisch auf ihn einzuwirken. Dass seine Fabrik durch die Unterdrückung mehrerer Generationen der Arbeiterklasse groß geworden ist, dass diese Leute bereit waren, Wirtschaftskrisen meistenteils mit Kriegen zu lösen, weil sie so den größten Gewinn an sich raffen konnten, für das alles sollen wir sie (weil es sich laut Martínek um unseren Nächsten handelt) auch noch mögen.“

Im März 1958 begann Miloš Martínek im Bergwerk zu arbeiten. Damals wurde er aus Prag-Pankrác ins Uranbergwerk Bytíz bei Příbram verlegt. Dort arbeitete er bis zur Amnestie des Präsidenten im Sommer 1960. Wie die Häftlinge im Bergwerk arbeiteten, in welcher Tiefe und unter welchen Bedingungen, darüber schreibt Bruder Martínek in seinen Memoiren. Miloš Martínek verrichtete seine Arbeit im Bergwerk gewissenhaft. In seiner Zeit im Gefängnis konnte er einen Schweißerkurs machen und dann als Schweißer arbeiten. Diese Arbeit, für die er die Qualifikation besaß, bekam er nur, weil das Bergwerk sonst den Plan nicht erfüllt hätte. Es wurde aber permanent Druck auf ihn ausgeübt, sich dem offiziellen kulturellen Leben im Lager zu widmen, und es wurde ständig versucht, ihn umzuerziehen. Umerziehung gehörte für politische Gefangene zum tagtäglichen Pflichtprogramm. Die Häftlinge sollten ausgewählte Bücher lesen und bestimmte Filme sehen. Wie Bruder Martínek sagte: „Ein normaler politischer Gefangener ließ sich allerdings nicht zu so etwas herab. Ich war einer von ihnen.“ Die Aufseher wussten, dass Martínek gläubig war. Eine Bibel bei sich zu haben, erlaubten sie ihm allerdings nicht. Eine Zeit lang hatte er heimlich eine bei sich, aber die Aufseher konfiszierten sie. Briefe von Familienangehörigen bekam er nicht. Auch seine Briefe wurden nicht abgeschickt. Gläubige und Pfarrer wurden oft absichtlich von den anderen politischen Häftlingen isoliert. Pfarrer wurden auch häufig in andere Gefängnisse verlegt, damit sie nicht lange auf die anderen Häftlinge einwirken konnten. Wenn es gelang, im Gefängnis einen geheimen Gottesdienst oder ein Abendmahl abzuhalten, war das für die gläubigen Häftlinge immer ein großer Festtag und stärkte sie zugleich für die darauffolgende Zeit. Nach seiner Entlassung durfte ein politischer Häftling nur in drei Branchen arbeiten – im Bergbau, im Bau- oder im Verkehrswesen. Miloš Martínek wurde als Reparateur in den Werkstätten der ČSAD-Verkehrsbetriebe angestellt. Einen Monat nach seiner Entlassung heirateten Miloš und Zdenka. Bis 1969 wurden ihnen drei Töchter geboren. Der ehemalige politische Häftling Miloš war nach wie vor in der Kirchengemeinde Lanškroun aktiv und alle drei Töchter besuchten den Religionsunterricht, weshalb seine Familie erneut von der politischen Willkür getroffen wurde. Der Tochter Zdena wurde verboten, an der pädagogischen Fakultät zu studieren. Nach 1989 konnte Familie Martínek endlich frei atmen. Miloš Martínek wurde in den Jahren 1990–2000 sogar zum Bürgermeister von Horní Třešňovec gewählt.

 

Václav Bárta

Václav Bárta wurde am 1. 10. 1911 geboren. Er bewirtschaftete den Hof Nr. 4 in der Gemeinde Vlkanov (Kreis Ledeč nad Sázavou), auf dem er geboren war. Die Familie bearbeitete 25 Hektar Land. Am 23. 4. 1953 wurde der Bauer Václav Bárta vom Volksgericht in Ledeč nad Sázavou gemäß § 135 Abs. 1/2 Gesetz Nr. 86/50 GBl. wegen Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsplans (Nichteinhaltung der Abgaben) verurteilt. Das Urteil umfasste zwei Jahre Freiheitsstrafe, eine Geldstrafe in Höhe von 30 000 CSK, den Verlust des Hofes, die Konfiszierung der Hälfte des Anwesens, das seiner Frau gehörte, den Verlust der Bürgerrechte für fünf Jahre und das Verbot auf Lebenszeit, sich im Kreis Ledeč nad Sázavou aufzuhalten.

  Wie sich Růžena Bártová, die Frau von Václav Bárta, erinnert, konnten die Behörden keinen geeigneten Ort für die Umsiedlung der Familie finden. Deshalb suchte sich die Familie (zwei Kinder, Ehefrau und Schwiegermutter) eine Wohnung bei Čáslav, wo Růžena Bártová eine Tante hatte. Bis die Familie aber tatsächlich aus dem Kreis ausgesiedelt wurde, blieb sie noch auf ihrem Hof. Sie hatte aber keine Nutzungsrechte mehr an ihrem Hof und durfte sich auch nicht um das Vieh und die anderen Tiere kümmern. Noch während sie sich auf dem Hof aufhielten, kam es sofort nach der Verurteilung V. Bártas zur öffentlichen Plünderung des Gehöfts. Von Einheimischen und Fremden wurde alles gestohlen und abtransportiert, sodass nicht einmal mehr etwas zur Fütterung der Tiere übrig blieb. „Vor dem eigentlichen Akt des Umzugs, kam es zu einer öffentlichen Plünderung, am Tag durch fremde, in der Nacht durch einheimische Genossen. Die fremden kamen mit Traktoranhängern und luden mit unserem Gebläse Heu, getrockneten Klee, auf, und als sie damit wegfuhren, nahmen sie auch das Gebläse mit. Auch das Stroh aus der Scheune wurde abtransportiert. Es war so viel Vieh im Stall, Pferde, niemand kam sie füttern – es war auch gar kein Futter mehr da. Das Vieh schrie vor Hunger und trank nur Wasser aus den Tränken. Ich ging zum Bürgermeister, Herrn Semerád, dass er sich darum kümmert. Ein Pferd nahm Genosse Polívka, das andere ein anderer Nachbar, das Schlachtvieh wurde abtransportiert, aber die trächtigen Kühe blieben da, sie fielen schon vor Schwäche zu Boden und konnten nicht aufstehen.“

  Nach dem Umzug der Familie in die Nähe von Čáslav lebten die Ehefrau, die Schwiegermutter und zwei Kinder in einem Raum. Frau Bártová beantragte die ganze Zeit über die Haftentlassung ihres Mannes. Václav Bárta durchlief mehrere Gefängnisse. Nach neun Monaten wurde er freigelassen und kehrte zu seiner Familie zurück, die in großer Not dahinvegetierte. Später wurde dem Ehepaar Bárta Arbeit im Altenheim in Myslibořice angeboten, wo beide bis zu ihrer Rente tätig waren. Václav Bárta starb 1987 und sah seinen Hof nie mehr wieder. Im Jahr 1990 wurde Václav Bárta rehabilitiert, aber das Eigentum wurde der Familie nicht zurückgegeben. Das Haus der Familie Bárta wurde am 8. 11. 1989 an das Ehepaar verkauft, das damals den Hof bewirtschaftete. Die Verordnung zur Abmilderung von durch die Übernahme landwirtschaftlichen Bodens entstandenem Unrecht bezog sich demnach nicht auf diesen Hof.

Familie Kusl

Die Familie Kusl kam in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts in den Kreis Kladno. Diesen Kreis hatten sie sich nicht freiwillig ausgesucht. Ihr Umzug war eine Folge der „Aktion Kulak“. Die ursprüngliche Heimat von Františka Kuslová, ihrem Mann Otakar und ihren beiden Kindern war Mutná in der Nähe von Slavonice, im früheren Kreis Dačice. Die Familie besaß einen Hof mit 70 Hektar Land. Das Ehepaar bewirtschaftete den Hof erfolgreich und dieser wurde im Laufe der Zeit mit der modernsten Technik ausgestattet. Ab 1949 besuchte der Sohn Otakar die Technische Fachoberschule für Landwirtschaft in Třebíč und wollte anschließend an der Hochschule Tiermedizin studieren. Seine Schwester Libuše heiratete 1952, blieb aber auf dem Hof der Eltern, um diesen zu helfen, da es ihnen verboten war, für Saisonarbeiten Lohnarbeiter einzustellen. Trotzdem wurden die Bauern gezwungen, immer höhere Abgaben abzuführen. Das Dorf Mutná war vor dem Krieg zu 90 Prozent von Deutschen besiedelt. Nach deren Aussiedlung wurden die freien Höfe von neuen Bewohnern übernommen. Es waren vor allem diese neuen Siedler, die versuchten, dem größten Grundbesitzer im Dorf das Leben schwer zu machen.

   Diese Aktivitäten der neuen Bewohner von Mutná erreichten im Oktober 1952 ihren Höhepunkt, als Otakar Kusl, nachdem ihn seine Nachbarn angezeigt hatten, festgenommen und wegen Sabotage angeklagt wurde. Am 24. 10. 1952 wurde er vom Volksgericht Dačice gemäß § 85 Abs. 1 Buchst. a) Strafgesetzbuch zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und einer Geldstrafe von 20 000 CSK verurteilt. Sein Vermögen fiel gemäß § 47 Strafgesetzbuch an den Staat. Außerdem beinhaltete das Urteil den Verlust seiner Bürgerrechte für einen Zeitraum von fünf Jahren und das Aufenthaltsverbot in der Gemeinde Mutná auf Lebenszeit. Die andere Hälfte des Hofes, die seiner Frau Františka gehörte, wurde gemäß § 74 Abs. 1 Buchst. c) zugunsten des Staates beschlagnahmt. Das Berufungsverfahren fand am 25.3.1953 statt und beschränkte Kusls Strafmaß auf sechs Jahre. Die anderen Punkte des Urteils wurden bestätigt.

   Otakar Kusl verbüßte die verhängte Strafe in vollem Umfang. Alle Gnadengesuche wurden als unbegründet abgelehnt. Seine Frau wurde mittellos, sogar ohne Lebensmittelmarken, in den Kreis Kladno umgesiedelt, wo ihr auf einem Hof in Vrapice ein Raum ohne Wasser und sonstige Ausstattung zugeteilt wurde. Sie musste dort in der Kuhfütterung arbeiten. Ihr Sohn Otakar musste im vierten Jahr die Fachoberschule verlassen und wurde als Sohn eines Staatsfeindes auf verschiedenen Arbeitsstellen als einfacher Arbeiter eingesetzt. Nirgends blieb er lange, meistens wurde er wegen Vertrauensverlusts entlassen. Im Jahr 1958 gelang es Františka Kuslová, mithilfe von Verwandten ein Einfamilienhaus in Buštěhrad zu kaufen. Im selben Jahr kehrte ihr Mann Otakar in sehr schlechter Verfassung aus dem Gefängnis zurück. Er arbeitete dann kurz als Heizer in Kladno, starb aber 1965, noch bevor er das sechzigste Lebensjahr vollendet hatte, an Multiorganversagen. Sein Sohn Otakar zog später mit seiner Frau nach Buštěhrad. Františka Kuslová arbeitete in verschiedenen Arbeiterberufen. Im Jahr 1989 wurde Otakar Kusl rehabilitiert. Frau Kuslová starb 1993, noch bevor der Hof in Mutná restituiert wurde. Die Familie erhielt den Hof schließlich zurück. Er war jedoch in einem desolaten Zustand. Die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft JZD Cizkrajov hatte den Hof gehörig heruntergewirtschaftet, sodass der Familie nichts anderes übrig blieb, als die Wohngebäude und einen Teil der Wirtschaftsgebäude auf eigene Kosten abzureißen.

Jan Tomášek

Jan Tomášek wurde am 23. 9. 1910 in Otradov geboren. Im Januar 1943 heiratete er in einen kleineren Hof in Jarošov ein, wo die Familie seiner Frau 12 Hektar Land bewirtschaftete. Am Ende des Zweiten Weltkriegs beteiligte sich die gesamte Familie Tomášek am Widerstand. Sie versteckte auf ihrem Hof russische Partisanen und geflohene russische und englische Häftlinge. Als Erinnerungsstück an diese Ereignisse behielt Jan Tomášek eine Waffe, die die Partisanen bei ihnen vergessen hatten. Diese Waffe wurde jedoch später Grund für seine Verurteilung. In den fünfziger Jahren lehnte die Familie nicht nur ab, der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft JZD beizutreten, Herr Tomášek half zudem einer Gruppe von Menschen, die nicht in der damaligen Tschechoslowakei leben wollten, über die Grenze zu kommen. Nachdem Jan Tomášek erfahren hatte, dass sein Freund festgenommen worden war, beschloss er, die Waffe der Partisanen, die er aufgehoben hatte, loszuwerden. Leider zeigte jemand die „Entsorgung der Waffe im nahegelegenen Teich“ an und bei Tomášeks wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Die Waffe und die Munition wurden im Teich gefunden und am 25. 1. 1955 wurde Jan Tomášek zu neun Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Aus dem Gefängnis in Pardubice wurde er nach Prag-Pankrác verlegt und von dort nach Jáchymov ins Uranbergwerk. Bei der schweren Arbeit im Bergwerk zog er sich eine Lungenentzündung zu und wurde danach aus gesundheitlichen Gründen über Tage bei der Aufarbeitung von Uranerz eingesetzt. Nach dreieinhalb Jahren wurde er am 21. 3. 1958 auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen. Seine Bewährungsfrist war auf vier Jahre festgesetzt, d. h. bis 1962.

   Die ganze Zeit über wehrte sich seine Familie gegen den Beitritt zur JZD und auch nach der Rückkehr Jan Tomášeks aus dem Uranbergwerk blieb sie weiter standhaft und schaffte es, die irrwitzigen Abgaben einzuhalten. Im Jahr 1980 traten Jan Tomášek und seine Frau dem Verband antifaschistischer Kämpfer bei, nach 1989 wurde Tomášek Mitglied der Konföderation politischer Häftlinge und 1992 wurde er durch das Kreisgericht Hradec Králové von der Anklage des „unerlaubten Waffenbesitzes“ freigesprochen. Damit war er zugleich rehabilitiert. Im Jahr 2000 wurde dem Ehepaar Tomášek anlässlich des 55. Jahrestages der Befreiung der Republik eine Medaille verliehen.

Alois Černík

Alois Černík stammte aus der Kirchengemeinde Lozice und wurde am 7.2.1953 wegen Nichteinhaltung der Abgaben vom öffentlichen Gericht in Luže zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Frau Marie wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Das Urteil umfasste selbstverständlich auch eine Geldstrafe, die Konfiszierung des Eigentums und die Aussiedlung.

František Dobrkovský

František Dobrkovský stammte aus der Kirchengemeinde Lozice. Als Landwirt wurde er verurteilt und mit seiner Frau ausgesiedelt.

Marie Doležalová

Marie Doležalová wurde am 31. 3. 1893 geboren und starb am 6.12.1976. Sie stammte aus der Kirchengemeinde Džbánov. Marie Doležalová wurde 1949 zu einer Geldstrafe verurteilt, weil die Familie vor dem Begräbnis ihrer Schwester Žofie eine gewisse Menge an Milch und Sahne für den Leichenschmaus einbehalten hatte. Frau Doležalová wurde wegen Gefährdung der Volkswirtschaft zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Familie war aber nicht in der Lage, das Geld aufzubringen, weshalb eine Freiheitsstrafe von einem Monat folgte. Die Strafe verbüßte sie in der Ziegelei Tuněchody bei Chrudim.

Antonín Fencka

Antonín Fencka aus der Gemeinde Jablonec nad Nisou leitete in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts den Kirchenchor, war in der Jugendarbeit tätig und arbeitete gleichzeitig als Lehrer. In dieser Zeit wurde er zur Staatssicherheit gebracht und man versuchte, ihn von der Zusammenarbeit zu überzeugen. Er lehnte jedoch ab und berichtete in der Gemeinde von diesem Treffen. Aufgrund dessen wurde er von den Beamten und dem Direktor der Schule von seiner Lehrerstelle abberufen mit der Begründung, dass „ein sozialistischer Lehrer keinen Kirchenchor leiten und in der Jungen Gemeinde aktiv sein kann.“

František Fikejz

František Fikejz stammte aus der Kirchengemeinde Džbánov. Er wurde 1894 in Voděrady geboren. Gemeinsam mit seiner Familie bewirtschaftete er einen Hof und ca. 100 Hektar Land. Im Jahr 1949 wurden er, seine Frau und ihre drei Söhne von ihrem Hof in ein kleines Bauernhäuschen umgesiedelt und der Hof wurde zugunsten eines volkseigenen Gutes konfisziert und ging später in die Verwaltung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft JZD über. František Fikejz bekam später eine sehr kleine Rente und seine Frau hatte gar keinen Anspruch auf Rentenzahlungen. Ihre Söhne durften natürlich nicht studieren und fanden keine angemessene Arbeit.

Miloslav Chleboun

Miloslav Chleboun stammte aus der Kirchengemeinde Džbánov. Er wurde am 19.10.1899 geboren und starb am 1. 12. 1983. Herr Chleboun war der Sohn von Anna Chlebounová, die im Vorkriegsparlament der Tschechoslowakischen Republik für die Agrarpartei Parlamentsabgeordnete und Senatorin war. Am 30. 12. 1952 wurde er vom Kreisgericht Litomyšl gemäß § 81 Abs. 1 Gesetz Nr. 86/1950 GBl. wegen Aufwiegelei gegen die Republik zu acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Außerdem wurde er am 8. 6. 1960 vom Bezirksgericht Hradec Králové gemäß § 79 Gesetz Nr. 86/1950 GBl. wegen Verschwörung gegen die Republik zu dreieinhalb Jahren Freiheitsentzug, zum Verlust der Bürgerrechte, des Vermögens sowie des Wahlrechts für einen Zeitraum von drei Jahren nach Verbüßen der Freiheitsstrafe verurteilt, und dies trotz seines schlechten gesundheitlichen Zustands. Während der gesamten Haftzeit war er arbeitsunfähig und kam deshalb auch nicht in den Genuss der Vorteile, die mit der Arbeit verbunden waren, so durfte er keine Pakete empfangen, Briefe schreiben u. Ä. Der wahre Grund für seine Verurteilung war wahrscheinlich, dass er der Sohn einer Politikerin der Vorkriegszeit und gleichzeitig ein großer Kritiker der landwirtschaftlichen Genossenschaften (JZD) war. Obwohl er JZD-Mitglied war, war er mit der Leitung der Genossenschaft nicht einverstanden und kritisierte die Ergebnisse, die von der JZD damals erzielt wurden. In den neunziger Jahren wurde er rehabilitiert.

Karel Kalenda

Karel Kalenda war Mitglied der Kirchengemeinde Vizovice. Nach dem Krieg emigrierte er und führte danach weitere Emigrationswillige über die Grenze. Im Jahr 1949 wurde er festgenommen und zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren verurteilt. Nach siebzehn Jahren wurde er im Zuge einer Amnestie freigelassen.

Jožin Kovář

Jožin Kovář war Mitglied der Kirchengemeinde Vizovice. Zusammen mit seinem Vater besaß er ein Textilgeschäft. Dieses wurde enteignet und danach musste er als Arbeiter in der Waffenfabrik Vsetín arbeiten.

Lubomír Kovář

Lubomír Kovář war Sohn eines Gewerbetreibenden. Aus diesem Grund durfte er nicht das Gymnasium absolvieren und auch nicht studieren.

Břetislav Netolický

Břetislav Netolický ist ein Landwirt aus der Kirchengemeinde Heřmanův Městec. Zusammen mit seiner Frau Anna wurde er wegen Nichteinhaltung der Abgaben verurteilt. Das Urteil wurde am 11. 4. 1953 durch die Strafkammer gefällt. B. Netolický erhielt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten und eine Geldstrafe in Höhe von 15 000 CSK und seine Frau Anna wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten und einer Geldstrafe von 5000 CSK verurteilt. Als zusätzliche Strafe wurde ihnen der Aufenthalt im Bezirk Pardubice untersagt und ihr Eigentum wurde konfisziert. Dank einer Amnestie des Präsidenten Zápotocký mussten sie die Gefängnisstrafe nicht antreten, auch die Geldstrafen wurden ihnen erlassen, aber sie mussten aus dem Bezirk Pardubice wegziehen und auch ihr Eigentum wurde konfisziert.

Miloslav Rozlík

Miloslav Rozlík wurde am 1. 10. 1907 geboren. In den fünfziger Jahren war er Kurator der Kirchengemeinde Džbánov. Im Jahr 1952 baten Miloslav Rozlík und Miloslav Chleboun den Pfarrer, „die Leute in der Predigt zu ermahnen, zusammenzuhalten und sich nicht gegeneinander aufhetzen zu lassen“. Damit meinten sie, sie sollten dem Druck der Kommunisten zur Kollektivierung widerstehen. Leider fragte Pfarrer Průša den Sekretär der Kommunalverwaltung, wie er mit dieser Einstellung umgehen solle. Dies hatte die Verhaftung, Vernehmung und Verurteilung von M. Rozlík und M. Chleboun zur Folge. M. Rozlík wurde am 21. 1. 1953 vor das Kreisgericht Litomyšl geladen und beschuldigt, den Pfarrer angestiftet zu haben, sich gegen die Gründung landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften auszusprechen. Dadurch, dass die Angelegenheit auf einer öffentlichen Straße verhandelt worden war, wurde das Gespräch als Straftatbestand der Aufwiegelei eingestuft. Nach acht Monaten wurde er dank einer Amnestie freigelassen.

   Aus den Erinnerungen M. Rozlíks wählen wir einen Auszug aus, der zeigt, wie damals ein Straflager aussah: „Nach der Ankunft in Prachovice führten uns die Wachleute ins Lager, das mit einem hohen Drahtzaun und außerdem noch Stacheldraht sorgfältig eingezäunt war. Gleich neben dem Eingang befand sich das Wachgebäude, in einem großen Bogen rechts daneben eine Baracke, daneben die Küche und ein Gemeinschaftsraum, dann eine zweite Baracke, in der Bruder Fikejz aus Bučina, Chleboun [u.a.] untergebracht waren.“

 

[1] Solche Stationen entstanden in den fünfziger Jahren auch auf Pfarrhöfen, wodurch es natürlich zu Konflikten zwischen den Pfarrern und den Maschinen- und Traktorenstationen kam. Mit diesen Konflikten befasste sich dann der Gemeinderat oder der zuständige Sekretär für Kirchenfragen. So war beispielsweise Pfarrer Josef Mošnička 1955 im Pfarrhaus in Jarošov nad Nežárkou tätig und hatte die Funktion des Verwalters inne. Er lehnte es ab, einen Teil der Pfarrgebäude an die Maschinen- und Traktorenstation der JZD Jarošov zu vermieten und beschwerte sich sogar beim Kreissekretär für Kirchenfragen, dass vonseiten der Station Druck auf ihn ausgeübt werde. Wegen seiner Haltung wurde ihm am 11.12.1957 von der Abteilung für Kirchenfragen des Bezirksrats České Budějovice die staatliche Genehmigung für die Ausübung seiner Funktion entzogen, er wurde für schuldig befunden und wegen des Straftatbestandes der Republikzersetzung gemäß § 79a zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt. In: Burešová Jana, Politický a institucionální rámec kolektivizace, in: Akce „K“, S. 49..

[2] Ebd., S. 52.

[3] Ebd., S. 52.

[4] Vgl. Růžička Miloslav. Vyhnanci, akce Kulak, Zločin proti lidskosti 2008, S. 423–468.

[5] Vgl. Hlaváč, Pavel. Prezidentské milosti. Jaroslav Ryšavý, in: Cesta církve II, Praha: ČCE, 2010, S. 12–18.